Es gibt Bildflüsse, die sind wie yogische Leitfäden und klingen doch nicht esoterisch. Sondern wie Entspannungstherapien, nur ohne didaktischen Ton. Die Video-Dreifachprojektion Unstern von Ulrich Polster (Visuals) und Christine Scherrer (Sound) ist die wohl verstörendste und zugleich wohltemperierteste Entdeckung des Entlegenen, die in den vergangenen Monaten in Deutschland produziert wurde. Wir werden in Zeitzonen und Räume entführt, nur um zu spüren wie sich das Grauen ferner Welten schleichend zwischen Beckenboden und Großhirnrinde einnistet. Unstern ist keine Ausschmückung der bekannten Erzählung des Idyllikers Joseph von Eichendorff und dessen Fremdheitserfahrungen vom Anfang des 19. Jahrhunderts, mit denen er Goethes Dichtung und Wahrheit parodiert. Unstern von Polster/Scherrer ist das Gegenteil einer romantischer Beschwerde über die Gegenwart. Die beiden Künstler borgen sich lediglich den poetischen Hof dieses wundervollen Titels. Ihr Meisterwerk visueller und klanglicher Relaxion mäandert durch die existentiellen Menschheitsthemen mit zeitloser Skepsis, von der Augen- und Hörsinn immer wieder überrascht und dann doch mit passendem Gefühl zur richtigen Stimmung unterfüttert werden. Christoph Tannert, April 2010 |